Blogparade „the big flow“: Lerne zu lieben was du hasst.

Blogparade „the big flow“: Lerne zu lieben was du hasst.

Blogparade "the big flow": wie ich lernte zu lieben was ich hasste!

Eigentlich bin ich schon zu spät dran. Eigentlich wollte ich diesen Beitrag schon viel früher geschrieben haben. Eigentlich sollte er spätestens letzte Woche fertig gewesen sein. Aber das Leben ist mal wieder anders daher gekommen: ich musste vor 2Wochen eine kleine aber sehr sehr schmerzhafte KopfOP über mich ergehen lassen. Taadaa! Hier der Instagram-beweis:

Direkt nach der OP: kleiner Schnitt, aber ich hätte schwören können das mein ganzer Kopf 3 Nummern größer geschwollen war.

Direkt nach der OP: kleiner Schnitt, aber ich hätte schwören können das mein ganzer Kopf 3 Nummern größer geschwollen war.

und danach war ich erstmal … platt!

Weder Computer, noch TV, noch lesen war wirklich drin, der Schädel brummte zu sehr und ich konnte nicht arbeiten. Ich kann mich so faul kaum ausstehen. Mal davon abgesehen das es mich zeitlich so sehr zurückwirft.
Aber es hat natürlich auch seine Vorteile, denn es mich dazu bewogen das Thema „Flow“ auch mal von einer anderen Seite zu beleuchten:

The „dark“ side of flow!

 

Aber fangen wir doch von vorne an: Cornelia Lütge ist Businesscoach und hat eine Blogparade zum Thema „The big flow“ aufgerufen. „Flow“ ist gerade sehr „trendy“, dabei ist es so alt wie die Welt. Es geht um Zufriedenheit und Erfüllung in seiner Arbeit. Wenn man so vertieft in seine Arbeit ist das man die Zeit nicht vergehen sieht. In seiner Tätigkeit aufgehen und sich nicht davon losreißen zu wollen. Zumindest ist das mein persönliches Verständnis von und empfinden bei Flow.

Ich habe ein sehr leidenschaftliches Verhältnis zu Flow.

Ich bin jemand die sehr viel Energie hat und dabei aufgeht wenn sie diese Energie einsetzen kann – und zwar dynamisch.
Ich liebe die Konzeptionsphase in meinem Beruf. Im Dialog mit dem Kunden Ideen durchspielen, von Stöckchen auf Steinchen zu springen, den roten Faden zu finden und immer wieder: Input (Infos vom Kunden) – Output (Ideen und Konzepte). Input – Output. GO-GO-GO!!!

  • Infos sammeln,
  • clustern,
  • Moodboards erstellen,
  • Storylines aufbauen und
  • überlegen wie man diese Story, für Außenstehende verständlich visualisieren kann. Alles in Form, Farbe und Funktion übersetzen.
  • Räumen ein Gefühl geben, bzw. Räume so gestalten das sie dir, die du reinkommst, sofort ein Gewisses Gefühl vermitteln.
  • Corporate Identities schaffen die zur Persönlichkeit des Unternehmers passen und Gleichgesinnte anzieht.

Mein Flow ist wie singend, freihändig Fahrrad zu fahren und dabei Bälle zugeworfen bekommen, während man ein (Ideen-) Feuerwerk startet.

DANN fühle ich mich in meinem Element.

Die meisten Texte über Flow beschäftigen sich damit, wie man dort hinkommt – zum Flowmoment. Inge Schumacher von Physio-energie.com hat z.B. hier auf MINIMAL IST MUSS darüber geschrieben. Und bei Cornelias Blogparade werdet ihr sicher auch noch einiges dazu finden, schaut dort bitte auch vorbei.

Und wenn der Flow fehlt?

Aber in meinem Beruf, wie in eurem sicher auch, gibt es Dinge die den Spaß und die Leidenschaft aus der Sache nehmen können. Die Arbeit wahrlich „flowlos“ machen können. Ihr wisst schon, die immer wiederkehrenden Kleinigkeiten die man nicht abgeben kann, die aber gemacht werden müssen und sich manchmal so schrecklich ziehen. Man schaut nur noch auf die Uhr und sich wünscht man könne einfach aufstehen und gehen. So ungefähr:

(c) Margaux Motin

(c) Margaux Motin

Bei mir ist das definitiv die „alles-ausführlich-zu-Papier-bringen“- Phase. Wenn man die Großartigkeit seines Projekts in dröge technische Zeichnungen umsetzen muss…. NEIN, noch nicht mal das, denn ich liebe ja technische Zeichnungen (wenn andere sie machen)…. es ist die Korithenkackerei, das alles bis auf den Millimeter genau stimmen soll, das mich wahnsinnig macht. Oder wenn man sich mit Behörden rumschlagen muss die nur schwarz-weiß sehen:

„Wollen Sie Ihre Tätigkeit aufgeben, oder eine Adressänderung bekanntgeben?“

„Ich MUSS meine Tätigkeit aufgeben WEIL ich umgezogen bin – also beides!“

„Das geht nicht! Das passt so nicht auf mein Formular!“

„Na klar, wir können doch einfach beides ankreuzen und in den Anmerkungen erklären!“

„Nein! DAS GEHT SO NICHT! Das wird mich nachher verwirren. Das macht man so nicht mit diesem Formular! Das haben wir noch nie so gemacht!“

Ich habe mich in dieser Phase meiner Arbeit immer so damit bei Stange gehalten: „Wenn ich mir die Zeit dafür nehme jetzt ausführlich, unmissverständlich und pupsgenau zu sein, kann die Umsetzungsphase umso schneller beginnen.“ Ich habe mir selbst die Karotte vor die Nase gehangen, was zwar funktioniert, die Situation aber nicht weniger qualvoll langweilig gemacht hat.

„Du hast ein Konzentrationsproblem Nic!“

Lange Zeit habe ich mir eingeredet das ich einfach nicht konzentriert genug bin um ruhig vor dem PC sitzen zu bleiben und einzelne „Pixel zu schubsen“. Als ich mit meinem Masterstudium begann, wollte ich dem Abhilfe schaffen und entschied mich dafür Bogenschießen zu lernen. Yep, Pfeil und Bogen, Badass-Katnis Aberdeen-Style (bevor es Katnis Aberdeen gab).

Den Blickwinkel ändern: nenn es nicht langweilig sondern beruhigend – wie Meditation.

Bogenschießen ist nicht schwer zu lernen. Man ist schnell gut. Aber dann, es ist sehr schwer sehr gut zu werden.
Nach der Einführung und der ersten Gewöhnungsphase and Bogen und die komische Haltung, lässt man einfach das Hibbeln sein, konzentriert sich ein bisschen, entspannt sich, baut seine Spannung dann wieder kontrolliert auf und….lässt los.
Von „total verfehlt“, zu „knapp vorbei“, zu „OK,schon mal drauf“, zu „Yaay! mittig-er“ ging es relativ schnell bei mir.
Aber wie heißt es so schön?

Der Teufel steckt im Detail.

Konstant immer wieder dieselbe Stelle zu treffen war das erste Ziel. Wo? Egal. Erst wenn Konstanz und Kontinuität da sind kann man sich dran machen am nächsten Ziel zu arbeiten: the golden eye.
Mit viel Arbeit wurde ich ein bisschen besser – überdurchschnittlich, aber nicht sehr gut.

Und hier kam dann die große Frustration wieder hoch. Ich kam an den Bereich in dem es sich um Millimeter und den kleinsten Tick dreht. Millimeter an der Schußlinie falsch, sind ganz dicke Zentimeter (daneben) auf der Zielscheibe. Ich ärgerte mich das meine Resultate nicht das waren was ich mir wünschte und nach einer Weile ging ich nur noch hin, weil die Leute im Club so nett waren und zu richtig guten Freunden wurden. Ich gab auf. Die Goldene Mitte war natürlich immer noch wünschenswert, aber hey! Ich bin halt kein Korinthenkacker. Einfach nur gut zu sein, das reichte mir.

Und dann steht plötzlich was auf dem Spiel.

Ich wurde gefragt ob ich beim nächsten Turnier mitschießen wollte. Erstmal als Einzelschütze und dann, je nachdem, vielleicht bald als Auswahl fürs Team. Klar wollte ich! Und so fuhr ich mit nach St.Andrews (ihr wisst schon, wo der William und die Kate zur Uni gingen) und stellte mich an die Schußlinie und… schoß weit daneben. Zu rechts.

Scheiße!

Nochmal!

Schuss und…. weit daneben. Zu links.

Scheiße!

NOCHMAL!

Schuss und…. getroffen! Allerdings die Zielscheibe des Typen neben mir – nicht meine!

W T (freaking) F?

Das ging noch eine Runde so weiter und das Ziel war nicht mehr um eine Platzierung zu schießen, sondern mich selbst und die Coaches, die mich ja ausgesucht hatten, nicht vollends zu blamieren. Und Choleriker der ich nun mal bin, wenn es darum geht mich selbst zu besiegen, muss ich mich in so Situationen sehr beherrschen um nicht zu John McEnroe zu mutieren.

(c) Reuters

(c) Reuters

Es war dann natürlich mein Trainer der es auf den Punkt brachte:

„Wie willst du das das Ergebnis gut ist, wenn der Anfang schon scheiße ist?“

Der Fehler war ein Kleiner, aber so Grundlegender: Ich korrigierte meinen Winkel mit dem falschen Auge. Das sagt euch jetzt vielleicht nichts, aber das ist ungefähr so, als würde man zum Suppe essen nach einer Gabel greifen, statt einem Löffel. Sich dann wundern warum es nicht klappt und noch nicht einmal sehen das man eine Gabel in der Hand hält – also richtig doof!

Das Turnier war für mich gegessen. Der Rückstand nicht mehr aufzuholen. Aber mir war klar das ich dem ganzen „sehr gut werden“ nochmal eine Change geben würde. Das Ziel hatte sich für mich nämlich geändert. Es ging mir nicht mehr darum den besten Treffer zu erzielen, sondern den besten Ablauf für den besten Schuss zu finden.

  1. To the line
  2. nock the arrow
  3. breath, relax
  4. turn your head
  5. bow up
  6. breath, relax
  7. draw
  8. shoulders straight
  9. shoulders down
  10. don’t tilt your head
  11. where is your hand?
  12. Where is the string?
  13. close your eyes, envision the arrow in the goal
  14. open your eyes
  15. focus
  16. breath
  17. (wenn etwas an dieser Stelle nicht stimmt, fang von vorne an)
  18. shoot

War das gut? Ja? Dann nochmal so.
Nein? Dann probier es anders.

  1. To the line
  2. nock the arrow
  3. breath, relax
  4. turn your head
  5. bow up
  6. breath, relax
  7. shoulders straight
  8. draw
  9. shoulders down
  10. don’t tilt your head
  11. where is your hand?
  12. Where is the string?
  13. close your eyes, envision the arrow in the goal
  14. open your eyes
  15. focus
  16. breath
  17. (wenn etwas an dieser Stelle nicht stimmt, fang von vorne an)
  18. shoot

Und immer so weiter. Lernen Korithenkackerei zu lieben, ohne es Korinthenkackerei zu nennen. Meine persönliche Befriedigung war, das ich Selbstkontrolle üben konnte, wenn ich wollte – weniger impulsiv war.

Ich bin furchtbar im Meditieren. „Leere deinen Kopf!“, ist so ein Spruch der für mich keinen Sinn macht. Das ist wie sagen: „Mach doch mal ne Zeitreise und puste dabei die Sonne aus!“ Aber ich glaube meine Shootingsessions kamen Meditation schon sehr nahe. Immer wieder dasselbe machen. Wie ein Mantra im Kopf durchgehen. Ruhe finden und doch energiegeladen sein. Jeder Schuss ein bisschen besser…. „Wie jetzt? Es sind schon 3Stunden vorbei? When did that happen?“

Flow finden ist also auch Übungs- und Willenssache!

Und die Wettkämpfe? Ich habe es nie geschafft ganz oben auf dem Treppchen zu stehen, aber Zweite oder Dritte bin ich schon geworden. Und sie waren wirklich hart für mich. Denn ich bin ja diese fröhliche, aufgedrehte, lachende Person, aber all diese Eigenschaften waren beim Bogenschießen kontraproduktiv für mich. Ich musste immer erst einen (Übungs-)Pfeil verschießen, um meinen inneren Perfektionisten (aka. John McEnroe)  zu wecken und seine Leistungsfähigkeit in den perfekten Ablauf zu kanalisieren.
Meine Fröhlichkeit und Aufregung mussten Konzentration, bewusster (An-)Spannung und ganz viel Eigenkontrolle weichen. Wo sonst meine Stärken im Hinsehen, Hinhören, aufsaugen, umwandeln und (Mit-)Teilen liegen, musste ich Ausblenden, Abschalten, inne halten und für mich behalten. Seinem Charakter zuwider zu handeln geht also, man muss nur die richtige Taktik finden und, zumindest einen Teil davon, lieben lernen.

Ich habe festgestellt das ich definitiv KEIN Konzentrationsproblem habe, sondern diese Konzentration normalerweise einfach nur andere Wege geht. Wenn ich will kann ich meine Konzentration anderes lenken.

Ich bin quasi mein eigener Darth Vader – Master of the dark arts!

*muahahahha! (c) Nic Pinguet

*muahahahha!
(c) Nic Pinguet

2 Comments
  • 27. September 2015

    Liebe Nic, „das Warten hat sich gelohnt“ sagt der dröge, deutsche Volksmund. Sowas von! Deinen grandiosen Artikel habe ich geteilt. Und vor allem – sehr gerne gelesen. Da ist Futter für die Leser – zum Schmunzeln, Aha’en und Weiterdenken. 🙂 Dickes MERCI!

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