„Lean Business“ – Schlanke Existenzgründung in kleinen Schritten.

„Lean Business“ – Schlanke Existenzgründung in kleinen Schritten.

"Lean Business" - Schlanke Existenzgründung in kleinen Schritten. minimalistmuss.com
Die Reihe der Alltagsfallbeispiele  in denen Weniger = Mehr ist geht weiter. Diese Woche geht es um „Lean Business“ – Schlanke Existenzgründung in kleinen Schritten, ein Gastbeitrag von Helena Bode von maru-maru.de. Helena hat klein angefangen, aber noch Grosses vor: das Projekt ist in Arbeit und hier erzählt sie schon mal wie zu ihrem „Baby“ gekommen ist.
Helena folgt  Susanne Hausdorf die für minimalistmuss.com über ökologische, fair hergestellte Kindermode geschrieben hat und Nathalie Klüver die vom Überlebensprinzip „Minimal ist Muss“ als working Mom schrieb.

 

Vom Kinderzimmer ins eigene Business

Nach der Geburt unserer Tochter war erstmal Elternzeit angesagt. Schon während der Schwangerschaft freute ich mich auf die Gestaltung des Kinderzimmers angesammelten Ideen und Konzepte. Fündig nach passenden Produkten, die meinem Geschmack und meinen Vorstellungen entsprachen wurde ich aber nicht. Quietschbunte Tapeten? Kreischendes Rosa? Am besten noch in verschiedenen, sich beißenden Farbtönen? Hier Schnickschnack und dort noch irgendeinen Krempel, Kisschen, Deckchen, Massenware aus Fernost zu Schleuderpreisen aus dem Discounter? Also nein danke – nicht für mich! Bitte auch keine kitschigen Bordüren, Vorhänge, Bettwäsche! Und schon mal gar keine Disney-Figuren darauf! Will ich nicht! Punkt.

Stilvoll, zeitlos und mit klaren Linien sollte es sein.

Und natürlich: harmonisch zusammenpassen. Eigene Vorstellungen umsetzen -JA! Und jetzt alle mal ganz ehrlich: Wir gestalten die Kinderzimmer unserer Jüngsten sowieso nur für uns, die Mütter – den Kindern ist es in den ersten Jahren doch wirklich egal! Gerade für die Kleinen und Kleinsten ist weniger definitiv mehr.

„Schatz, ich kaufe mir eine Nähmaschine“. Auf diese Androhung hat mein Mann damals noch ganz gelassen mit einem Schulterzucken reagiert. Er ahnte ja nichts! „Mit 300 EUR kann man ja auch nicht wirklich viel falsch machen“, war der Gedanke. Dass diese kaum als „Investition“ zu bezeichnende Neuerwerbung den Grundstein für eine kleine Unternehmung legen sollte, ahnten und planten wir beide damals nicht.

Skeptischer wurde der Mann erst, als ich dann das Wohnzimmer zur Nähstube umfunktioniert hatte. Es dauerte nicht lange, und er saß abends nach Feierabend nur noch mit dem Kopfhörer vor dem TV um dem Geratter der Maschine zu entfliehen. Ich holte aus der Nähmaschine alles raus was ging. Aus dem „Na gut“ wurde dann bald ein „Wie lange machst Du denn heute noch?“.

Einmal Angefangen, nicht wieder aufgehört.

Natürlich braucht man für ein Kind auch nur eine Babydecke. Vielleicht noch eine Zweite zum Wechseln, aber dann reicht es auch schon.

OK, hier und da noch ein Kuschelkissen.

Und gerne auch noch zwei, drei andere Accessoires. Aber dann wirklich Schluß.

Naja, noch kleine Aufmerksamkeiten schaffen für den Bekanntenkreis. … und auch noch mal eine Babydecke hier und da.

Die Abnehmer im persönlichen Umfeld sind dann aber auch schnell erschöpft – so schnell kommen die mit dem Kinder kriegen nicht hinterher.

Also: ab ins Netz.

“Nur mal Austesten.” Die aufkeimende DIY-Szene und die einschlägigen Plattformen waren mir bis dahin recht unbekannt und ich hatte dort auch noch nie was bestellt. Aber ein Versuch war es wert. „Schatz, ich habe eine Decke verkauft!“

Und noch eine…

Und noch eine…

Und noch eine!

Bei solch schnellem Fortschritt reihen sich die kleinen Glücksgefühle an. Die Bestätigung, dass außer mir auch noch jemand Gefallen an meinen Produkten und autodidaktisch erlernten Fähigkeiten findet: toll!

Nach drei Monaten musste beim Nähmaschinenhändler aufgestockt werden. Die Entscheidung fiel dann dort vor Ort zum anfänglichen Entsetzen des Mannes: „Um Gottes Willen! Was ist daran denn so teuer?“ Aber die Maschine hat sich nach kurzer Zeit von alleine aus dem Cashflow bezahlt. Den Mann war spätestens dann überzeugt. Heute unterstützt er bei der Buchhaltung, der Steuererklärung und dem Verwaltungskram. Auch wenn er mit Babydecken, Stoffen und Vorhängen recht wenig „am Hut“ hat, so ist er inzwischen auch der Partner (offiziell Gesellschafter) von meinem Business! Er gibt mir die Unterstützung, ohne die vieles nicht möglich wäre.

Inzwischen hat sich aus meinem Hobby eine noch immer kleine, aber feine Unternehmung mit einem eigenen Atelier, eigenen Kollektionen, eigenem Label und einem Netzwerk an Lieferanten und Dienstleistern sowie vielen weiteren Ideen für den Ausbau der Geschäftsidee entwickelt.

 

„Lean Startup“

Schlankes Geschäftsmodell

Irgendwann kommt der Moment, an dem man sich zwar über die Aufträge und den Kundenzuspruch freut, aber erkennt, dass man zur Abarbeitung der Aufträge viel Zeit und Kraft benötigt. Es kommt der Zeitpunkt, an dem man sich wie in einem “Sweatshop” bei Akkordarbeit vorkommt und der Erlös nicht mehr dem investierten Arbeitseinsatz entspricht. Dann weißt du:

Weniger ist mehr! Zeit für Unterstützung – weniger selbst machen!

Eine der wichtigsten Erkenntnisse:

  • Konzentriere dich auf die Kernkompetenzen eures Geschäftsmodells.
  • Vermeide Zeit- und Reibungsverluste für Dinge, die delegierbar sind. Insbesondere betrifft dies die administrativen Tätigkeiten wie Steuern, Buchführung, etc.). Hier gibt es Spezialisten, die das effektiver können. Die Schlussfolgerung daraus ist nicht neu, aber nach wie vor sicherlich für viele Gründer und Selbstständige von Bedeutung. Um Professor Faltin zu zitieren:

„Arbeite an deinem und nicht in deinem Unternehmen“, denn nur so besteht auch genug Zeit zur Fortentwicklung des eigenen Unternehmens und des Geschäftsmodells.

Im Fachjargon nennt man diese Vorgehensweise heutzutage „Lean Startup“ oder nach Professor Faltins Konzept: „Gründen mit Komponenten“. Größere finanzielle Mittel sind dabei nicht erforderlich, wenn man schlank und smart starten möchte – weniger ist mehr!

  • Als Büro und Atelier dient erstmal das Wohnzimmer,
  • einen Rechner hat sowieso jeder von uns und
  • für die Website gibt es inzwischen zahllose und auch hübsche Templates. Selbst den Onlineshop kann man ohne großes Kapital aufziehen.
  • Auch die Telefonzentrale kann man auslagern.
  • Für den Vertrieb von Produkten gibt es zudem zahlreiche geeignete Plattformen im Internet, die erstmal nur variable Kosten produzieren und den Finanzbedarf in Grenzen halten.

So kann man recht einfach einen Live-Markttest durchführen, die Marktfähigkeit testen und die Erkenntnisse und Kundenresonanz für Verbesserungen nutzen.

Überhaupt bietet es sich an die zahlreichen im Netz auffindbaren Freebees zu nutzen. Löst euch aber von dem Gedanken, dass ihr durch ein schlankes und auf Komponenten aufgebautem Konzept schnell Gewinne und Entnahmen tätigen könnt. Es ist durchaus erforderlich, immer wieder in euer Business zu investieren. Mit einem schlanken Ansatz könnt ihr dies bestenfalls aber aus eurem Cashflow realisieren.

Vom Wettbewerb absetzen

Es mitunter kaum mehr möglich eine echte Innovation zu entwickeln. Praktisch jede Idee gab oder gibt es schon. Die wichtigste Erkenntnis für mich war:

  1. Entwickele Leidenschaft für deine Dienstleistung oder dein Produkt.
  2. Überprüfe deine Motivation, gehe deinen eigenen Weg und
  3. differenziere dich so von deinen Wettbewerbern.

Fast jeder hat ein oder mehrmals im Leben den Wunsch sich selbstständig zu machen. Oft heißt es dann: „Wenn ich nur die richtige Idee hätte!“. Gründen nur um des Gründens Willen geht aber in der Regel schief.

Nur mit persönlicher Überzeugung und Leidenschaft haltet ihr euer Vorhaben durch

und könnt „eurem Baby“ auch eine persönliche Note verleihen und schafft es eine einzigartige Marke zu entwickeln. Ob ich das alles geschafft habe, was ich hier so schlau von mir gebe, das müssen andere Beurteilen. Auf jeden Fall habe ich aber schon fast vier Jahre durchgehalten, konnte eine stetige Entwicklung verzeichnen und habe noch immer riesige Lust an meinen Produkten und meiner Arbeit. Durch das modular aufgebaute Geschäftskonzept kann ich es mir leisten, auch wieder mehr kreativ und gestalterisch zu beschäftigen. Für standardisierte Arbeiten der Produktion habe ich inzwischen flexible Unterstützung durch mein Team.

Ich bin der festen Überzeugung, dass dies einerseits die Grundvoraussetzung ist, um auch dauerhaft Durchzuhalten und andererseits ausgezeichnete Produkte und Services anzubieten. Dann sollte es auch kein Problem sein, euch vom Wettbewerb abzuheben, selbst wenn ihr das gleiche Produkt oder Dienstleistung anbietet.

Holt euch Unterstützung

Auch die Unterstützung durch einen Coach kann ich ausdrücklich empfehlen. Es gibt einige Förderprogramme, wie

die euch dabei unterstützen können. Er hilft bei der Konzeption des Geschäftsmodell und spielt den „Sparringspartner“. Ich habe diese Dienste etwa über ein halbes Jahr hinweg in Anspruch genommen. Zwischenzeitlich habe ich mich gefragt, was der Coach eigentlich effektiv für mich tut?! Schließlich ist es meine wertvolle Zeit, die bei den Gesprächen drauf geht und er sitzt nur da und hört zu?! Im Nachhinein war genau das seine Aufgabe, er leitete de facto durch die Businessplan und es war definitiv von Vorteil einen unabhängigen Fachmann auf seiner Seite zu haben.

P.S.: Nichts ist umsonst.

Dieses Business das ich mir jetzt aufgebaut habe war nicht mein erster Versuch selbstbestimmt zu arbeiten. Zusammen mit meinem Mann waren wir schon länger auf der Suche nach „DER“ zu uns passenden Geschäftsidee. Wir haben uns schon vorher einen kurzen, erfolg- und ruhmlosen, aber zum Glück finanziell überschaubaren, Fehltritt “gegönnt”. Das war nicht kostenfrei, aber “ganz umsonst” war es auch nicht.

Der Wunsch nach Selbstbestimmung… Ohne Chef, ohne Vorgaben, sein eigener Boss sein und den Rhythmus selbst vorgeben…. Das Verlangen nach dem eigenen Business bzw. der eigene kleinen und unabhängigen Unternehmung hat mich auch schon seit Jahren umgetrieben.

Im Nachhinein bildete dieser „Ausrutscher“ aber eine gute Grundlage, denn so waren einige Businessbestandteile wie Steuernummer, Gesellschaftervertrag, Buchhaltungssoftware, Grundkenntnisse der Gründung, etc. schon vorhanden und bildeten einen guten Start für einen zweiten Anlauf und eine neue Unternehmung. Natürlich wollten wir es dieses Mal besser und vor allem entspannter angehen. Letzteres klappte für uns besser, weil die eigene Existenz nicht von der Neugründung abhing, sprich: weil es eine zweite, solide und gefestigte Erwerbsquelle gibt.

Ganz unabhängig davon:

Die Gesellschaft sollte sich mal von der Angst des Scheiterns lösen.

Misserfolge werden bei uns ja in der Regel verschwiegen oder gelten als peinlich. Klar, es ist mitunter dramatisch, wenn daran Existenzen von u.a. ganzen Familien hängen können. Und dennoch liegt eine Art schöpferische Kraft im Scheitern – wenn man die richtigen Schlüsse und Erkenntnisse daraus zieht und die sich die Erfahrungen zu Nutze macht. Glücklicherweise scheint sich diese Erkenntnis auch langsam zu verbreiten. Schaut euch dazu folgenden Artikel im Spiegel an.

Schlimmer als Scheitern ist es, so finde ich, eben nicht mit dem eigenen Business anzufangen und sich später in einigen Jahren darüber zu ärgern, dass man nie den Mut zur Gründung und zur eigenen Unternehmung hatte. Die Flucht in das sichere Angestelltenverhältnis ist weit verbreitet bei uns und schadet vielleicht sogar der Innovationskraft unserer Gesellschaft und Wirtschaft.


Helena Bode - fotografiert von KathrinHerlod.de

Helena Bode – fotografiert von KathrinHerlod.de

[blue_box] Helena ist der kreative Kopf des Labels maru*maru. Mit ihrer Familie lebt sie im schönen Main-Kinzig-Kreis und widmet sich dort dem Entwerfen, Gestalten und der Herstellung ihrer Kinderzimmerkollektionen: Vorhänge, Gardinen, Baby-und Kuscheldecken und vieles mehr. Künftig plant sie ihr Business um weitere Services und Beratungsleistungen auszubauen. 

 Schaut vorbei bei maru-maru [/blue_box]


Noch was in eigener Sache: Ein guter Blog macht sich nicht von selbst. Es sind die Leser die entscheiden was Top und was Flop ist und wer es nach weiter oben schafft. LESER WIE DU!  Drum: sollte dir mein Inhalt gefallen, dann teile ihn doch bitte mit deinen Freunden. Ich bin eine derjenigen die wirklich drauf achtet was geteilt wird und sich bemüht dann mehr davon bereit zu stellen. Und wenn es was gibt das nich so prall ist, dann sags doch einfach direkt im Kommentar oder per Nachricht! Denn wenn ichs nicht weiß kann ichs auch nich änderen!

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