Der erfolgreichste Weg sich unbeliebt zu machen.
Das Gegenteil von „gut gemacht“ ist….
Wir kennen alle diese Geschichten die mit einer guten Absicht beginnen und dann in katastrophalen Resultaten enden. OK, „katastrophal“ war jetzt was übertrieben. Die meisten dieser Geschichten kommen, nachdem etwas Gras drüber gewachsen ist, in die Best-Of-Liste der immer wieder verwertbaren Klassiker über die später herzlich gelacht wird.
Ich habe tonnenweise Erfahrung damit mich unbeliebt zu machen, dabei war es doch im Ursprung „nur gut gemeint“. Das Problem war JEDES MAL dasselbe: Ich war grottenehrlich. Aber die unverblümte Wahrheit vertragen die Wenigsten. Oder anders: Die Wahrheit, und nichts als die Wahrheit ist eine sehr intime Angelegenheit die manchmal sogar die besten der besten Beziehungen nicht überstehen. Das kann sogar Ehen einschließen. Natürlich nicht meine. Mein Mann hat zur Sicherheit sein Schutzschild immer griffbereit. Die wenigen Beziehungen die das verkraften, kommen aber aus so einem „Wahrheitsmoment“ ungemein gestärkt hervor.
Testen wir also mal unsere Freundschaft hier, OK?
Ich erzähle euch die Top 3 Aussagen von deren Richtigkeit ich 100% überzeugt bin (Ausnahmen gibt es natürlich immer, aber auch nur in der Theorie und nie in der Praxis *haha) und die mir den meisten Ärger bereitet haben. Und ich mache es mal so „politisch unkorrekt“ wie möglich. Mal schauen ob du mir am Ende dieses Beitrags ein Kommentar à la „Du hast sie doch nicht mehr alle, Alte“ hinterlassen willst oder mir nickend zustimmst und wir uns nächste Woche hier wiedersehen.
1. Keiner deiner Freunde will Erziehungstipps von dir haben. Selbst wenn sie danach fragen.
Unter Freunden vertraut man sich an. Gerade wenn man frisch gebackene Mama/Papa geworden ist. Dieses Gefühl von Stolz gepaart mit der Verantwortung für das Leben eines anderen, überschattet von der Panik nicht genug genug zu sein… etwas falsch zu machen…. dem Kind das Leben „zu versauen“. ALLE Eltern kennen das und KEIN Kinderloser kann das in Gänze nachvollziehen. Manche denken sie hätten eine Idee davon wie es ist, tun sie aber nicht. Geht einfach nicht. Aber die meisten Erwachsenen ohne Nachwuchs glauben eh Eltern würden maßlos übertreiben. Tun sie auch, die Eltern – übertreiben. Denn schließlich ist es unser Instinkt die Kleinen nach bestmöglichem Wissen und Gewissen zu versorgen und zu beschützen. Also instiktiv wird man schon das Richtige nicht alles falsch machen. Aber das heißt nicht das die Angst vorm Versagen für Eltern nicht reell ist. Sie ist da und sie nagt. Und wenn ihr als Außenstehender ungefragt euren Senf dazu gebt und meint es besser zu wissen, dann braucht ihr euch nicht zu wundern wenn sich die Fäuste eures Gegenübers ballen und er/sie so aussieht als würde er/sie euch gleich mit dem Baseballschläger einen überziehen. Ihr hättet es ehrlich gesagt auch verdient ihr anmassenden, kleinen Besserwisser. Da ist es auch scheißegal ob ihr selber Kinder habt oder nicht. Euer Kind ist nicht deren Kind und eure Freundin ist nicht wie ihr. Also der Freundschaft (und eurer Gesundheit) wegen: verkneift es euch!
Aber kommen wir zu der Situation in der ihr tatsächlich gefragt werdet was eure Meinung ist und wie ihr die Situation (meist sind es ja Probleme) handhaben würdet. Auch da ist es meine Erfahrung das euch die gut gemeinten Ratschlägen nicht gedankt bekommt. Aus genau den gleichen Gründen wie oben genannt. Kinder und Eltern sind alle verschieden und nicht vergleichbar. Und wirklich hören wollen die Eltern gar keinen Tipp oder Ratschlag. Denn das würde ja bedeuten das der ätzende Verdacht das sie, als Eltern, das Problem sind, bestätigt wird.
Und das ist niederschmetternd.
Wie soll man denn auch, nachdem man, durch die Blume, gesagt bekommen hat „You suck!“ den Mut und die Motivation aufbringen zu sagen: „Yeah! Danke. Ich glaube das versuch ich gleich mal anders zu machen!“
Was Eltern die nach Ratschlägen fragen wirklich haben wollen ist
Zuspruch und Hilfe. Und eben nicht die Hilfe die in Form von gut gemeinten, aber leeren Worten kommt. Sie wollen ermutigt werden und hören das sie gute Eltern sind und das man Willens ist ihnen zur Seite zu stehen. Und das geht so:
Anstatt zu sagen „Hör mal, du übertreibst. Du musst dich mal entspannen und nicht so verkrampft sein, dann klappt das schon!“
einfach mal weniger Klugscheißer sein und aktiv Lösungen anbieten:
„Du stehst zu nah dran. Du tust dein Bestes aber kannst den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehen. Von da wo ich stehe sieht das alles gar nicht so dramatisch aus. Du musst Abstand gewinnen und dich entspannen. Und deswegen nehm ich nächstes Wochenende deine Kinder und du tust was nur für dich. Du wirst NICHT die Zeit nutzen um Wäsche zu waschen, die Bude zu säubern oder Rechnungen zu zahlen. Du wirst ________ (was immer der/die Freund(in) gerne macht und sich schon ewig nicht mehr gegönnt hat)!“ ….oder die Kinder werden in andere, sorgsame Hände übergeben und ihr macht zusammen was.
Und wenn ihr doch „den Supertipp“ habt von dem ihr glaubt das das helfen würde, dann muss dessen Anwendung gezeigt und nicht nur davon erzählt werden. Mensch, ihr habt doch alle die „Supernanny“ gesehen!
2. Leute die „ans große Glück“ glauben sind faul.
Ich tue mich schwer diese Aussage in nur wenigen Sätzen zu erklären. Die Sache mit dem „Glück“ ist sehr komplex und ich habe mir vorgenommen meine Februarbeiträge diesem Thema zu widmen, also wenn ihr eine genauere Erläuterung haben wollt, müsst ihr später nochmal vorbeikommen. Ich sag nur soviel: Die deutsche Sprache ist da etwas tückisch, denn viele verwechseln, oder vermischen „Glück“ mit „glücklich sein“. Andere Sprachen haben zwei verschiedene Worte und es besteht ein Unterschied zwischen „luck“ und „happiness“ oder „être heureux“ und „être chanceux“.
Aber wenn euch der Satz irritiert und/oder beschäftigt, dann würde ich mich freuen (und glücklich schätzen) wenn ihr euch dazu eure eigenen Gedanken macht und wir das dann gemeinsam im Februar besprechen.
[white_box] Nachtrag: Hier geht’s zum besagten „Glücksbeitrag“. Klicken lohnt sich – versprochen!
[button link=“http://minimalistmuss.com.w01570ed.kasserver.com/wp/besser-als-glueck/“ color=“black“]GLÜCKSBEITRAG[/button] [/white_box]
3. Eltern die ihren Töchtern den Kosenamen „Prinzessin“ geben erziehen verwöhnte kleine Gören die zu eingebildeten Ziegen heranwachsen.
Ahhhhh ja! Last but not least: die Prinzessinnen!
Ich muss jetzt schon schmunzeln, denn meist gibt es hier nur zwei Lager. Die die zustimmen (wenn sie auch die Art wie das jetzt gesagt wurde etwas harsch finden) und die die mich dafür hassen weil sie selber „Prinzessinnen haben“ oder „Prinzessinnen sind“. Und es stellt sich mir nun die Frage ob ich das wirklich weiter erläutern soll. Denn was könnte ich jetzt noch sagen um doch noch „mildernde Umstände“ von unseren blaublütigen Mitmenschen zu erhalten? Aber gut, ich versuche es mal:
Jedes kleine Mädchen will eine Prinzessin sein. Denn in den Augen von kleinen Mädchen sind Prinzessinnen immer schön (gekleidet), werden von allen bewundert und sind einfach generell was Besonderes. Was Besseres als eben nur ein einfaches kleines Mädchen.
Und jedes kleine Mädchen ist eben genau ALL DAS für seinen Papi. Denn, let’s face it, es sind doch meist die Papas die ihre Töchter auf dieses Podest heben. Und weil Prinzessinnen eben einen anderen Stand in der Gesellschaft haben, gelten so manche Regeln nicht für sie.
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Einer Prinzessin wird so manches nachgesehen und schnell vergeben womit der gemeine Pöbel nie und nimmer durchkommen würde.
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Prinzessinnen sind charmant und fein und zierlich. Zu zart um gewisse körperliche Arbeiten selbst auszuführen. Aufgaben die gewöhnliche Kinder ohne Murren erledigen sollen.
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Eine Prinzessin muss auch als solche erkannt werden. Prinzessinnentum muss „gepflegt“ werden. Das Beste vom Besten und das Feinste vom Feinsten wird ihnen zu Füßen gelegt.
Richtig?!
Oh mein Gott! NEIN! Es gibt einen Grund warum wir in Europa die Demokratie eingeführt haben. Die letzten Royalties die sich so benommen haben wurden einen Kopf kürzer gemacht (siehe Marie Antoinette und die französische Revolution und so). Wären eure Kinder wirklich Prinzen und Prinzessinnen würden sie in unserer modernen Welt strengstens auf ihr Benehmen und Aussehen beurteilt, würden auf entlegene Internate gehen, nicht frei wählen was sie studieren wollen, sich allzeit repräsentabel halten müssen und den Sinn für Verantwortung, Verpflichtung, Respekt und Würde eingedrillt bekommen. Es gibt also einen Preis zu zahlen für die Sonderbehandlung. Diesen Menschen ist klar das ihre Privilegien stark von der Zustimmung anderer abhängt. Sie werden quasi an die Öffentlichkeit ausgepimpt!
Was die kleinen Alltagsprinzessinnen angeht: kein Mensch ausserhalb des familiären Königshofes wird eure Töchter freiwillig auf Händen tragen.
[Tweet „EUER KIND IST KEINE PRINZESSIN – seid froh drum!“]
Sie wird irgendwann euer Haus verlassen und feststellen das das Papier mit dem sie sich den Allerwertesten abwischt auch was kostet und das ihr Thron (aka. das Klo) sich nicht von alleine putzt. Jetzt schaut nicht so geschockt. Ist doch so!
Ich kenne zwei Arten von Entwicklung für diese Kinder die den Knall zwischen In-House und Out-Of-House erleben. Sie mobben, oder werden gemobbt – je nach Charakter. Die einen entwickeln sich in „der richtigen Welt“ entweder von verschüchterten Mäuschen zu un-eigenständigen Püppchen die immer einen Beschützer, Sponsor oder Sugardaddy brauchen. Oder aber, und das viel häufiger (meiner Erfahrung nach), sie sind in der Schule erst die lauten Divas denen die anderen Kinder selten zu widersprechen wagen und bleiben dann später genau das im Erwachsenenformat. In der eingebildeten, zickigen Ziegenversion.
Und das alles nur wenn man sein Kind einen speziellen Kosenamen gibt?
Ja! Die „Macht des Wortes“ sage ich nur. Denn damit geht ein spezielles Verhalten einher.
***Kurzer Nachtrag: Es passt grad wie die Faust auf Auge. Andreja von limango hat mich (ohne von diesem Blogpost zu wissen) auf einen ihrer Beiträge zum Thema Mobbing bei Kindern aufmerksam gemacht. Wenn es etwas ist womit ihr zu kämpfen habt schaut vorbei.***
TAADAAA!!! Meine drei diskussions- und streitintensivsten Kontroversen. Eure Meinung dazu bitte jetzt!
Kiwi
Ohja, die Prinzesschen…. erstmal Schühchen kaufen und Party machen, und am Ende des Monats dem Mitbewohner den Kühlschrank leerfressen ohne zu fragen. Und dann irritiert mit den Augen klimpern, wenn der/diejenige genervt davon ist.
(Nebenbei bemerkt: Sonderrrolle erwarten, weil man ein Mädchen ist, ist auch eine Form von Sexismus.)
Nic Pinguet
hahaha Kiwi.
Das sehe ich auch so!
Aber sie müssen uns auch leid tun, denn schließlich haben sie es nicht anders gelernt. Und braucht eine Menge Mut zu hinterfragen ob das, was man immer für „normal“ gehalten hat auch wirklich richtig ist 😉
Jasmin Satzinger
Hallo Nic,
danke erst einmal für diesen tollen Blog von dir.Genau so etwas habe ich gesucht!
Eine Mama die nicht alles verschönert bzw.auf den Punkt bringt.
Darf ich wissen wie alt dein(e) Kind(er)sind?
Und sag mal wie läuft das bei Euch mit der Erziehung?
Bsp./Anregungen nehme ich gerne entgegen;-)
Liebe Grüße Jasmin
Lala Bleu de Coup
Haha, so gerne würde ich kontrovers diskutieren, aber, sorry, zu 1: Yesss! Ratschläge sind auch Schläge und ich werde selber nicht gerne geschlagen. Trotzdem kann ich manchmal einfach nicht meine Klappe halten und dann ist das eben so.
2: Ja und das Thema ist super!
3. absolut. Kann ich unterschreiben, aber es ist leider noch mehr als nur der Kosename (oder manchmal,auch einfach etwas anderes) was die Mädels zu solchen Ätzkühen werden lässt. In der Grundschule sind das dann die, die auf dem Schulhof bestimmen, wer GNTM mitspielen darf.
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