Über Geld spricht man nicht. Das hat man.

Über Geld spricht man nicht. Das hat man.

Als ich 14 war sind wir für das vorläufig letzte Mal umgezogen und ich fand mich mal wieder als „die Neue“ in einer neuen Schule, neuen Stufe und neuen Klasse. Ich war noch nicht lange dort als die Planungen für einen 10tägigen Klassenausflug starteten. Skifahrt nach Österreich! Die Aufregung und Vorfreude war natürlich groß unter den Schülern. Das Gesprächsthema Nummer 1!

In einer unserer Pausen gesellte ich mich, so unauffällig wie möglich (denn von „einer Neuen“ wird erwartet das sie leise ist bis sie ihren Platz in der Beliebtheitshierarchie der Klasse gefunden hat) zu einer kleinen Gruppe von Mitschülern die das Thema aufgeregt besprach. Bis auf einmal eine der Wortführerinnen mich ansah und fragte: „Und Nicole? Ski oder Snowboard?“

Meine Antwort lautete: „Weder noch.“

Und schon wurde ich abschätzig von unten bis oben begutachtet, bis jemand anderes in der Runde mitleidig meinte: „Naja, dann wirst du halt eine der wenigen sein die die ersten Tage am Idiotenhügel mit einem der Lehrer lernen wird.“ IDIOTEN-, nicht Anfängerhügel wohlbemerkt. Aber das war mir da noch nicht aufgefallen denn ich entgegnete ehrlich und naiv: „Na mal schauen ob ich überhaupt mitkomme. Das hört sich nämlich alles sehr kostspielig an und ich bin mir nicht sicher das sich das meine Eltern leisten können.“

Entsetzte Stille.

Dann wieder die Rädelsführerin die mich ursprünglich angesprochen hatte – mit eiskalter Stimme und, ja, nennen wir es ruhig Abscheu:

„Nicole, über Geld spricht man nicht. DAS HAT MAN!“

Einige in der Runde nickten eifrig und andere sahen beschämt zu Boden. Ich selbst stand selten so sprachlos da. ALTER SCHWEDE! Mir waren sofort zwei Dinge klar.

1) Glücklichen Herzwunsch: Unsere Kindheit haben wir hiermit hinter uns gelassen.

2) Liebelein, Freunde werden wir beide nie.

Diesen Satz, diesen Moment und diese Person werde ich wohl nie vergessen und sie führt bis heute die Top 3 der dümmsten Menschen die ich JE getroffen habe an. Denn es ist doch so: die Menschen die Geld nur zum prahlen erwähnen sind doch die die nichts anderes zu bieten haben.


 

[Tweet „Geld ist die so ziemlich unlogischste und unfairste Maßeinheit die es auf unserer schönen Welt gibt.“]

Ja natürlich ist es als Währung, als reine Preisangabe nützlich, aber als Maßeinheit sagt es selten etwas über den objektiven Wert einer Sache aus. Schon allein der Wert des Geldes ist bei uns komplett falsch designt. Der 100€ Schein ist weniger als 1cent wert und das Metall unserer Cents mehr als der numerische Wert der die Münze schmückt.

Wenn man Geld nur haben will um zu zeigen das man Geld hat, dann hat man ein Problem mit seinem Selbstwertgefühl. Oder sollte ich sagen: „Welches Selbstwertgefühl?“

Na sicher, Geld ist zum ausgeben gedacht. Man kann es zu nichts anderem gebrauchen. Und das ist auch der Hauptgrund warum es so unbefriedigend ist, oder warum wir sagen:

„Geld allein macht nicht glücklich.“

Hier also die Anknüpfung zum Minimalimus als Lebensstil: Wenn wir alles was Preisschilder hat in unserem Leben weglassen würden… alles womit wir einander auf den ersten Blick in Schubladen stecken – einfach weg… wie würden dich deine Mitmenschen dann beschreiben? Würden wir uns nicht viel mehr Zeit geben müssen um uns ein Urteil über eine Person zu erlauben? Wie wird mein Leben aussehen wenn ich Geld nur die minimalste Bedeutung zuordne (noch viel weniger als jetzt)?

Wie gesagt, ich bin nicht gegen das „Geld haben“. Geld ist in vielerlei Hinsicht nützlich und notwendig. Aber wenn es keinen unmittelbaren Nutzen mehr hat sondern unser Überschuss wird, dann wird „die Liebe zum Geld“ problematisch. Denn um dieser (Geld-)Liebe nach zu kommen müssen wir anderes aufgeben.

Geldliebe frißt unsere Zeit – wo finden wir es, wie können wir mehr machen (verdienen), wie kann ich meinen Geldhaufen wachsen lassen, wo können wir es sparen…Dieses ständige Auseinandersetzen mit MEHR raubt schlichtweg Zeit.

Geldliebe frißt Energie – man muss ja schließlich am Ball bleiben und prüfen ob Aktien noch steigen, es vielleicht ein besseres Angebot wo anders gibt. Oder einfach mal hier und da jeden Tag etwas länger arbeiten. Oder mehr arbeiten am Wochenende.

Geldliebe heizt Konkurrenzdenken und Konkurrenzkampf an – wenn man Geld liebt dann ist man stolz drauf, dann will man es zeigen, zur Schau stellen. Man vergleicht. Man muss nicht nur mehr, sondern mehr als andere haben. Und schnell schlägt diese Art zu denken auch auf andere Lebensbereiche um die sich gar nicht vergleichen lassen „Mein Kind ist besser/schlauer/schneller/hübscher als deins!“

Geldliebe schränkt ein – wenn Geld das Hauptaugenmerk in unserem Alltag ist, ist es schwer währungsfreie Dinge zu sehen und zu schätzen. Und wenn wir nie über das hinauswachsen können was wir am meisten begehren dann können wir nie grösser sein als die Nummer auf unserem Bankkonto oder die Dinge die wir für Geld kaufen. Traurig, denn ich möchte doch glauben das wir alle das Potential zu Grösserem haben.

Geldliebe liebt Geldliebe – Gleich und gleich gesellt sich gern und OH WOW! muss die Unterhaltung zwischen zweier Geldliebhaber doch einseitig und vorhersehbar sein.

Geldliebe zerstört andere Leidenschaften – wenn Geld rar ist, wenn es uns an dem nötigsten fehlt dann müssen wir alles tun um unser Überleben zu sichern. Man kann sich keinen Kaviar gönnen wenn man kein Geld für Brot hat, das ist uns allen bewußt. Aber Geldliebe ist wenn man sich lieber mit Geld beschäftigt als die Gelegenheit zu nutzen mit den Kindern Drachen steigen zu lassen/joggen zu gehen/ein Buch zu lesen/ seine Freunde zu sehen…

 Ich habe es bewußt „Geldliebe“ genannt auch wenn viele es als „Geldgier“ ansehen. Gier ist aber schon sehr extrem und ich will zeigen das es schon in kleinem Masse anfängt. Was meint ihr dazu? Wir sehen uns in den Kommentaren wieder?
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