Design thinking privat anwenden – Produktivität fördern.
Wer von zu Hause aus arbeitet weiß, das das Homeoffice Fluch und Segen zur selben Zeit sein kann. Wer ein „ein-Frau-Betrieb“ ist weiß, dass das Image und die Person selbst, unlösbar, aneinander gebunden sind. Und wer von der Aussenwelt als Fachfrau mit einem bestimmten Image gesehen werden will, die muss vorab sich selbst schon in genau dieser Rolle sehen – man muss das Image schon als die eigene Identität annehmen.
Das sind kluge und richtige Ratschläge, die man so, oder so ähnlich, auf vielen Seiten lesen kann.
Man nickt sie ab.
Man schwört sich das besser zu verinnerlichen.
Aber dann… bleiben es doch oft nur Worte und der Bezug zu eigenen Fallbeispiel oder die Umsetzung im richtigen Leben fällt schwer. Das liegt daran das sie abstrakt und allgemein gehalten sind um eine breite Masse an Lesern zum nicken und Ja-sagen zu bringen.
Man liest solche Worte also immer und immer wieder bis es zu dem großen „Aha-Moment“ kommt. Es fällt einem wie Schuppen von den Augen und man hat endlich das fehlende Puzzlestück das Theorie und die eigene Lebenspraxis verbindet.
Design thinking privat anwenden: Identitäten abstecken – Produktivität fördern.
Ich hatte diesen Monat einen solchen Aha-Moment. Und während die flache Hand gegen die Stirn schlug, schwor ich mir diesmal diesen „Erleuchtungsprozess“ in seine Einzelkomponenten zu zerlegen um mir (und euch) beim nächsten Mal gleich die richtigen Fragen zu stellen.
1. Das Homeoffice: mehr segnen und weniger fluchen.
Am Anfang der Prozesskette steht „das Problem“ oder „die Hürde“ die es zu begutachten gilt. Man kann sich entweder
- entschließen eine Hürde zu nehmen, wozu man dann den Anlauf und Schwung zu kalkulieren muss, den man braucht um drüber zu springen, oder
- man kann versuchen einer Hürde per guter Alternativroutenplanung auszuweichen.
Letzteres war mir leider nicht möglich, denn: Meine Hürde sind die Auslandsreisen meines Mannes.
Mein Alltag als Mompreneur ist der Spagat zwischen „für die Kinder da sein“ und dem „Nichtvernachlässigen der Karriere“. Die Motivation konsequent und auf qualitativ hochem Niveau zu arbeiten ist groß, denn ich möchte nicht bei Null anfangen müssen sobald die Räuber endlich in den Kindergarten gehen. Im August sollen der Motor warmgelaufen und die Reifen eingefahren sein. Ab August soll die Karre gleich zwei Gange höher geschaltet werden.
Das hat zur Folge das ich mir ein ganzes System zurechtgelegt habe, das mir die Nutzung jeder freien Minute erlaubt:
- schnelles Abspeichern von Referenz- und Inspirationsartikeln,
- Notizen und Skizzen zu Projektideen
- und stichpunktartiger Ausarbeitung erster Artikelentwürfe
Ich verbringe den Tag also zwischen Windeln wechseln → Artikellesen → Legospielen → skizzieren → kochen und → Argumentationsvorbereitung. Wenn mein Mann nach hause kommt ist „Mama“ für einige Stunden nur noch „Frau Blogger“. Ich kann für eine kurze Zeit das Multitasken aufgeben. Aber das Springen von Rolle zu Rolle ist anstrengend. Ich falle totmüde ins Bett, wenn ich nicht gerade schlaflos bin, weil mir der Kopf so schwirrt. Läuft aber so. Sogar besser als das so niedergeschrieben klingt.
Wenn mein Mann verreist ist, muss ich 24/7 jonglieren. Es gibt niemanden der mir hilft – ich bin auf mich allein gestellt.
(Wenn je jemand in meiner Anwesenheit wagen sollte Alleinerziehende, in welcher Art auch immer, herabzusetzen, wird er/sie zu spüren bekommen wie ist dem Hulk zum Fraß vorgeworfen zu werden.)
Und damit in diesen Wochen keiner (ich) die Nerven verliert wenn jemand (de Pänz, kölsch für: die Kinder) nach 12Std Aufmerksamkeit von Mama auch noch die vom abwesenden Papa einfordern, wird
der „Ausnahmezustand“ ausgerufen und das „Notfallprotokoll“ in Kraft gesetzt:
- Die Woche ist mahlzeitentechnisch durchgeplant. Es wird effizient portioniert: 1x kochen reicht für 2 Tage.
- Die Arbeitsmenge wird auf 3 grosse „must-dos“ beschränkt. Es gibt keine „wenn-ich-zwischendurch-noch-Zeit-habe“-Aufgaben.
- Wenn ich „zwischendurch noch Zeit habe“, wird diese zum Atmen benutzt. Kaffee, oder Tee gekocht und/oder auf der Terrasse Sonne getankt.
- Es gibt eine glasklare Tagesaufteilung:
- Vormittags: vorbereitende Arbeiten wie lesen, recherchieren, skizzieren, Stichpunkte machen, emails/fb beantworten….Kinder immer wieder zum alleine spielen animieren/schicken.
- Siesta: voll konzentriert der Erfüllung der Must-dos widmen. Ohne FB. Ohne Telefon. Ohne andere unterbrechende Ausreden.
- Nachmittags: Ohne andere unterbrechende Ausreden, 100% Kinderzeit: Hüpfen, springen, spielen, rennen, bauen, sporteln, Kuchen backen, schmusen, baden… alles damit sie glücklich, hundemüde und ohne Gegenwehr ins Bett fallen.
- Abends: atmen! Da mein Mann derjenige ist der auf den TV besteht, genießen das dieser aus ist. Stille, oder jazzige Musik, ein Glas „Lecker mit Schuss“, ein Buch/ein Bad. FINITO!
Das Resultat ist: Wenn mein Mann nach der Rückkehr fragt wie es war, lautet die Antwort immer dieselbe: Besser als erwartet!
2. Kampf der Identitäten
[Tweet „Das Image deiner Person ist das Bild deiner Marke. Suche dir deshalb das richtige Bild aus.“]
Fachfrau in Designfragen – das bin ich, so will ich rüberkommen. Jede Art Design? Gott nein, dazu ist das Feld zu weit gefächert.
Manchen Menschen fällt es schwer sich als Experte zu sehen, anderen weniger. Denjenigen denen es schwerfällt möchte ich nochmal ins Gedächtnis rufen das kein Experte unfehlbar ist. Auch ein Experte darf mal etwas nicht wissen. Experten wissen das sie nie ausgelernt haben, das es Neuerungen in der Branche geben wird. Ich habe hierzu das folgende Zitat gefunden:
Sieh dich also zumindest schon mal als jemand der mehr über dein Thema weiß als der Bundesdurchschnitt und arbeite von dort aus weiter.
Was auf jeden Fall wahr ist, ist die Tatsache, dass niemand dich ernst nehmen wird, wenn du dich selbst nicht ernst nimmst. Wenn du dir vorstellen kannst einmal „richtig gut“ in deiner Aufgabe zu sein, hast du schon nen ganzen Schritt in die richtige Richtung getan.
Woher ich das weiß?
Na, weil sonst die Menschheit schon ausgestorben wäre. Denn keiner kann vorher 100% sicher sein ob er/sie gute Eltern sein werden. Aber Millionen Menschen stellen sich vor wie es wohl ist, wie sie so sein werden und machen es einfach. Natürlich sind manche von Anfang an für bestimmte Rollen prädestiniert. Andere müssen es sich erarbeiten.
Ich war z.B. schon „Designer“ bevor ich Designer war.
Selbstbewusst, spontan, flexibel und anpassungsfähig, a peoples person, ständig am malen, zeichnen, skizzieren, verbessern, umräumen, auseinandernehmen & wieder zusammenbauen, hinterfragen warum Dinge so und nicht ganz anders gemacht/gehandhabt werden, voller Ideen, leicht zu motivieren, kreativ, aktiv, selbstbestimmt, ambitioniert…bla bla bla
Als ich verkündet habe Design studieren zu wollen, war niemand überrascht.
Als klar war das ich mich zur „Selbstständigen“ mausern musste, war das nicht so klar.
Papierkram erledigen, sich mit Behörden rumschlagen, auf Details bestehende Korithenkackerei, sich wiederholende Alltagsarbeiten abarbeiten… sind nicht meine Stärke. Hier mein Artikel dazu auf Mompreneurs.de.
Aber gehen ging alles trotzdem, denn schließlich hatte schon das Studium und meine ersten Berufserfarungen mit dem Klischee des sorgenfreien, bohèmen Künstlers aufgeräumt. Kreativ die Sau raus zu lassen, mit Ideen um sich zu werfen und in Bergen von Musterexemplaren und Zeichnungen unterzugehen gehört zum Designerleben, aber nur an sehr bestimmten Punkten im Projekt.
Meine „(Business-)Designeridentität“ habe ich also klar abgesteckt. Meine „Mutteridentität“ auch (hier mehr dazu). Es ist das hin und her hüpfen zwischen den Rollen das anstrengend ist.
3. Vom Leben mit einer Doppelidentität
Wo jetzt in alldem die große Erleuchtung liegt?
Na, darin das mir schlagartig klar wurde das ich all die tollen Tipps und Ratschläge die man so oft liest und die meine „Businessidentität“ schon so verinnerlicht hat, tatsächlich auch schon privat befolge:
- sei vorbereitet – habe einen Plan » familiäre Nahrungsaufnahme geplant: check!
- konzentriere dich aufs Wesentliche, beiß nicht mehr ab als du kauen kannst » nur 3Must-Dos: check!
- mache nicht zuviel auf einmal – there is a time and place for everything » nur eine Sache die aber 100% ablenkungsfrei: check!
- unterscheide Dringliches von Wichtigem » Pausen wirklich nehmen und atmen: check!
- feiere auch kleine Erfolge » Jazz, ein Drink, ein Buch – genießen: check!
So, why, the freaking hell, do I call it „Notfallprotokoll“, oder „Ausnahmezustand“???
Da predige ich „die Macht der Worte“ und die „Sache mit dem Blickwinkel“ und muss mich selbst dabei ertappen wie ich Sprache (miss-)brauche um mich selbst in die Irre zu Führen. Ein Notfall und Ausnahmezustände sind Situationen die es zu vermeiden gilt. Nur zu gebrauchen wenn der Fall der Fälle eintritt. Dabei ist dieser Plan einer den ich, auch in meinem Privatleben, zu meinem Mantra machen sollte.
Bekomme ich ein bisschen weniger mit ihm geschafft als mit meiner „Alltagshetzerei“?
» Ja.
Ist das was ich aber per und unter Stress zusätzlich fertig bekomme, den Preis wert?
» Sicherlich nicht immer.
Ausserdem zeigt mir diese Erkenntniss auch noch, dass ich das romantisch, bohèm-coole Selbstbild eines Kreativen eben doch noch nicht so ganz 100% abgelegt habe:
Listen machen, organisiert sein, Timemanagement, strategisches Denken und Handeln sind Geschäftsbegriffe die wenig sexy klingen und noch weniger Lust erwecken auch im Privatleben angewendet zu werden. Man kommt sich durch Checklisten so bevormundet vor. Und wer will sich schon in seiner Privatzeit bevormunden lassen? Aber hier kommen wir dann zum nächsten Punkt.
Die ersten und wichtigsten Regel als Designer im Umgang mit Kunden:
Kläre das Vokabular ab und sprich erst das Herz und dann den Kopf an.
Man kann dieselben Worte benutzen und sich unterschiedliches drunter vorstellen. Man kann unterschiedliche Worte gebrauchen und dasselbe meinen. Und ich habe ganz klar nicht für mich abgeklärt das ich (und meine Familiensituation) dem lockeren „das mach ich mal eben so“ entwachsen sind. Ein Wort mag sich im Ohr grässlich anhören – wie „Minimalismus“ bei vielen Menschen – aber dann doch gar nicht so fürchterlich aussehen (siehe mein Blog) – re-adjustment of an image.
Zusammenfassend bleibt also übrig:
- suche nach den Positivbeispielen im eigenen Leben in den es bereits gut klappt, dann nutze das das Copy/Paste-Verfahren.
- „Check das Vokabular“ – prüfe ob ‚du und dein Kunde‘ (dein Kopf und Herz) vom Selben sprechen und bringe sie auf einen Nenner.
- Mach den Weg frei und sei vorbereitet.
Und weil ich nicht nur ein großer Freund von Bildern, sondern auch von Sprache bin, möchte ich mit euch noch dieses tolle Video teilen das in 10min so viele wichtige Themen anspricht: Identitäten, Kommunikation und die Manipulation all dessen zum Positiveren. Das Thema „Vereinbarkeit“ ist ein Thema der INKLUSION und wird doch so oft als „machbar nur durch EXKLUSION“ angegangen und das ist doch irgendwie paradox. Also lasst uns daran arbeiten schon beim kleinsten Detail mehr UND statt ABER zu sagen.
Danke Nadja für deine so klaren und einfach anzuwendenden Worte! Bitte klickt auch weiter zu Nadjas Webseite: http://petranovskaja.com/
[lightgrey_box] Ich bin auf die Blogparade bei GROSSE KÖPFE, in Zusammenarbeit mit Scoyo, aufmerksam gemacht worden und glaube das dieser Artikel genau das Thema trifft. Weitere Artikel und andere Meinungen findet ihr hier:
[button link=“http://grossekoepfe.blogspot.de/2015/05/wie-konnte-das-passieren-uber-das.html“ color=“black“]zur Blogparade[/button] [/lightgrey_box]
sinajasur
Liebe Nic, einfach ein großartiger Artikel. Ich mag Deinen Schreibstil und wie es scheint, kann ich noch eine Menge von Dir lernen – ich habe über diese Verbindung von Arbeit und Privat nie nachgedacht, höchstens im negativen Sinne: Arbeit stört Privates und anders herum. Dabei geht es mir mit meiner Selbständigkeit ja gerade darum, meine persönlichen/privaten Interessen mit dem Geld Verdienen zu verbinden – im positiven Sinne… Das muss ich jetzt wirklich erst mal sacken lassen 🙂
Nic Pinguet
Das freut mich Sina.
Ich kenne viele die ihre „Businessidentität“ von der Privatperson fernhalten…nur bei uns „Kreativen wird ja von Anfang an gepredigt das dein Design „aus dir“ kommt und du ein Stück weit dein Designstil bist.
Mich hat in diesem Zusammenhang einfach nur GESCHOCKT das ich das, was ich immer immer immer als allererstes mit meinen Kunden kläre > das Vokabular (damit es keine dummen, sprachlichen MIssverstände gibt) bei mir selber nicht gemacht habe. Naja, lesson learned!
sinajasur
Mir ist es auch extrem wichtig, authentisch rüberzukommen, also quasi so, wie ich halt privat auch bin, aber, wie ich bei meinen Youtube Videos gemerkt habe, das ist gar nicht so einfach. Irgendwie haben wir doch alle mehrere Identitäten: die Mama, die Ehefrau, die Businesstante, die Freundin, was auch immer und die dann alle zu vereinen, darin besteht wahrscheinlich die wahre Kunst, um authentisch und klar rüberzukommen…
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